Gegenwärtig akzeptieren etwa 40 Unternehmen in der Region Dresden den Elbtaler. Hier stellen wir Sie Ihnen vor.
Im zweiten Interview stellt der Elbtaler e.V. das traditionelle Familienunternehmen Pestel Optik aus der Königsbrücker Straße in der Dresdner Neustadt vor. Unsere Interviewpartner sind Geschäftsinhaberin Gabriele Göhler und Ulrich Göhler, beide Augenoptikermeister.
ELBTALER: Wie kamen Sie zu dem Beruf des Augenoptikers? Wie haben Sie angefangen?
Gabriele Göhler: Bei mir ist der Beruf direkt in der Familie weitergegeben worden. Ich bin ja bereits die 5. Generation und habe den Beruf sozusagen mit der „Vatermilch“ aufgesogen. Schon als Kind war ich bei den Eltern in der Werkstatt oder im Geschäft. Und da bekam man ja eine Vorstellung von dem Beruf und das ist auch ein Grund, warum ich mich dafür entschieden habe. Nach der Schule dann die Lehre, das war ja zu DDR-Zeiten so üblich. Und nach zwei Gesellenjahren habe ich die Meisterschule besucht in Jena. Dann ist mein Sohn geboren worden. Im Jahr 1986 bin ich dann wieder eingestiegen und habe das Geschäft meines Vaters übernommen.
Ulrich Göhler: Ich wollte nicht unbedingt Optiker werden, aber für mich hat sich eigentlich nie wirklich die Frage nach dem Beruf gestellt. Als Kind wollte ich zwar gerne in die Land- oder Forstwirtschaft. Aber ich hatte auch den Einblick in das Geschäft hier, bin also vorgeprägt, und wollte gern die Tradition des Unternehmens weiterführen. Und das habe ich bis jetzt nie bereut.
ELBTALER: Kommen Sie ursprünglich aus Dresden? Seit wann gibt es ihr Unternehmen?
Gabriele Göhler: Ja, ich komme aus Dresden. Mein Ururgroßvater kam aus Leipzig und hat sich 1833 hier in Dresden selbstständig gemacht als Optikus und Mechanikus. Er hat zum Teil noch die Linsen selber geschliffen.
ELBTALER: Woher beziehen Sie die Linsen heute? Arbeiten Sie mit regionalen Anbietern zusammen?
Gabriele Göhler: Wir bekommen die Linsen bzw. Brillengläser seit vielen Jahren schon fertig von der Industrie, welche wir dann noch randbearbeiten. Seit 2006 beziehen wir unsere Brillengläser aus Rathenow. Nach der Wende haben wir uns erst einmal umgeschaut und bei verschiedenen, großen Firmen Gläser eingekauft. Aber uns hat die Zusammenarbeit mit Rathenow besser gefallen. Deshalb sind wir zur Firma „Ophthalmica“ gewechselt. Das ist eine kleine Firma und wir haben einen persönlichen Ansprechpartner. Sie liefern eine sehr gute Qualität und sind nicht ganz so teuer.
Ulrich Göhler: Ja, man kann schon sagen, es ist ein regionaler Anbieter. Es gibt für uns momentan keinen anderen Anbieter, der näher ist.
ELBTALER: Auf welche Bereiche der Augenoptik ist ihr Geschäft spezialisiert?
Gabriele Göhler: Wir sind unter anderem darauf spezialisiert, Winkelfehlsichtigkeit zu vermessen und zu korrigieren mit der Mess- und Korrektionsmethode nach Hans-Joachim Haase. Da die Augenmuskeln im entspannten Zustand nicht immer parallel stehen, bilden die Sehachsen einen Winkel zu einander. Es ist oft ganz elementar für das Wohlbefinden des Brillenträgers, dass diese Tatsache berücksichtigt wird.
Ulrich Göhler: Für die Winkelfehlsichtigkeit gibt es auch einen Fachbegriff, der ursprünglich aus dem englischsprachigen Raum kommt. Er heißt assoziierte Heterophorie. Dieser Bereich der Optometrie ist in Deutschland fachlich umstritten, was allerdings berufspolitische Ursachen und Hintergründe hat. Wir und viele unserer Kunden sind von der Wirkungsweise überzeugt, sonst würden wir es nicht anbieten.
Gabriele Göhler: Des Weiteren verkaufen wir vergrößernde Sehhilfen. Da haben wir eine gute Auswahl. Eine Kontaktlinsenanpassung bieten wir für weiche und formstabile Linsen an.
ELBTALER: Können Sie sagen, welche Kunden kommen zu Ihnen? Worin legen Ihre Kunden besonderen Wert?
Gabriele Göhler: (lacht) Ja, ich sage immer, das sind „introvertierte Intellektuelle“. Ganz eindeutig. Also, diese Kunden wollen persönlich beraten werden und individuell abgestimmt auf ihren Typ eine Brillenfassung. Es soll oft nichts vordergründig Modisches sein.
Ulrich Göhler: Ja genau und möglichst ein Brillenbügel ohne Label.
Gabriele Göhler: Man kann sagen, es sind langjährige Kunden, die immer wieder kommen. Zu uns kommen mehr Kunden auf Empfehlung, als Laufkunden.
ELBTALER: Gibt es auch spezielle Angebote für Kinder?
Gabriele Göhler: Ja, wir bieten auch Kinderoptometrie an, besonders für Kinder mit Lese-Rechtschreib-Schwäche. Wenn die Augenmuskeln einen unterschiedlichen Querschnitt haben oder von der Länge her etwas abweichen, dann kommen die Bilder vom rechten und linken Auge im Gehirn nicht anstrengungsfrei zur Deckung. Dann brauchen die Kinder viel länger, um ein Wort lesen zu können. Sie sind etwas langsamer als die anderen Schüler im Klassenverband. Das führt zu Schwierigkeiten im Schulalltag. Manchmal haben sie Kopfschmerzen, kleinere Kinder auch Bauchschmerzen. Aber im Allgemeinen kommt es zu Konzentrationsproblemen.
ELBTALER: Konzentrationsschwäche kennt man ja auch als Erwachsener…
Gabriele Göhler: Ja, das zieht sich von den Studenten bis zu den Erwachsenen. Die haben zwar nicht zwangsläufig Kopfschmerzen, aber Konzentrationsprobleme. Die positiven Auswirkungen der prismatischen Brillenkorrektion stellen sich bei Kindern im Normalfall nach kurzer Eingewöhnungszeit ein. Aber bei Erwachsenen, die z.B. im Studium vor dem Diplom stehen, also großen Stress haben, sofort. Wenn sie die Brille aufhaben, merken sie sofort, dass sie sich 5, 6 oder 7 Stunden auf ihre Arbeit konzentrieren können. Vorher mussten sie nach zwei Stunden eine längere Pause einlegen.
Ulrich Göhler: Das sind zum Teil auch Extremfälle.
Gabriele Göhler: Aber davon hatten wir schon einige. Die sind dann sehr dankbar.
ELBTALER: Was hat sich in den letzten Jahren in Ihrer Branche geändert?
Gabriele Göhler: Es gibt inzwischen einige Weiterbildungsangebote für Augenoptikermeister. Dabei werden sie intensiver im Bereich der Optometrie ausgebildet, d.h. Krankheiten und deren Erscheinungsbilder werden tiefgründiger besprochen. Dadurch sind die Augenoptiker in der Lage, spezielle Funktionstests sowie Vorsorgeuntersuchungen anzubieten, so wie es in England der Fall ist.
Ulrich Göhler: In englischsprachigen Ländern ist der Optometrist die erste Anlaufstelle. Er führt verschiedene Siebtests durch und entscheidet dann, ob der Kunde an einen Augenarzt oder Augenoptiker vermittelt wird.
ELBTALER: Was ist ihre größte Herausforderung im Unternehmen?
Gabriele Göhler: Unsere Netzwerke müssten noch weiter ausgebaut werden. Sie sind sehr wichtig.
Ulrich Göhler: Potentielle Kunden müssen noch besser aufgeklärt werden über die Probleme bei nicht optimalem, beidäugigem Sehen, welche durch eine Lasik-OP nicht behoben werden oder nach einer Kataraktoperation auftreten können.
ELBTALER: Welche Kooperationspartner haben sie?
Gabriele Göhler: Das sind unter anderem Ergotherapeuten, Logopäden, Kinderärzte, Lehrer, Grundschullehrer und Psychologen.
ELBTALER: Warum machen Sie beim Elbtaler mit? Was erhoffen Sie sich für Ihr Unternehmen davon?
Ulrich Göhler: Der Gewinn für unser Unternehmen steht hierbei eher im Hintergrund. Es geht vielmehr um sozialen Frieden und größere Unabhängigkeit unserer Region vom globalen Handel. Dieser kann nur reibungslos funktionieren, wenn es keine Währungskrisen oder -crashs gibt. Unser heutiges Geldsystem wirkt destabilisierend. Geld in der Wirkungsweise von Regionalgeld kann z.B. nicht gehortet und als Machtinstrument missbraucht werden, da es nicht über den Zinseszinseffekt anhäufbar ist. Ein derartiges Auseinanderdriften zwischen Arm und Reich ist unmöglich. Eine Spekulation mit dieser Geldart lohnt sich nicht, sondern es bleibt fest mit der Realwirtschaft verknüpft. Da ich mich seit längerem mit dem Thema Geld auseinandersetze, bin ich zwangsläufig auf den Elbtaler im Internet gestoßen.
Gabriele Göhler: Ich hatte schon das Buch von Margaret Kennedy „Geld ohne Zinsen und Inflation“ gelesen. Und dann hatten wir eine Einladung für eine Elbtaler-Veranstaltung im Umweltzentrum Schützengasse bekommen. Seit dem sind wir dabei.
ELBTALER: Welches Unternehmen fehlt noch beim Elbtaler?
Ulrich Göhler: Bio-Lebensmittelmärkte, die besonders viele regionale Produkte anbieten. Bäckereien, Restaurants sowie Bars, die z.B. Bier der Neustädter Hausbrauerei ausschenken. Wenn auf stillgelegten Agrarflächen der Umgebung z.B. auch Industriehanf angebaut würde, hätte man eine regionale Ressource, die als Grundlage für schier unzählige Produkte zur regionalen Verarbeitung verwendbar wäre. Dafür ist der Elbtaler als regionales Tauschmittel ideal geeignet.
ELBTALER: Vielen Dank für das ausführliche Interview!
Interview: Manuela Weiße
dieses Unternehmen im RegionalAtlas anzeigen:
Pestel Optik GbR (Dresden / Neustadt)
15. März 2013